Lernen bedeutet nicht nur das Speichern von Fakten, sondern auch das Sammeln, Bewerten und Verknüpfen von Erfahrungen. Doch wie funktioniert Lernen? Wie lässt sich effizienter lernen? Bisher gibt es keine umfassende Theorie des Lernens. Stattdessen haben Neurobiologen, Psychologen, Pädagogen, Betreibswirtscahftler und Informatiker verschiedene Aspekte des Wissenserwerbs entschlüsselt.
Die Hirnforscher
„Unse Gehirn lernt immer und tut nichts lieber“. So fasst der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer die Erkenntnisse der Neurowissenschaften zusammen. Unser Denkorgan leitet aus Beobachtugen ständig Regeln und Muster ab – und das ein Leben lang. Selbst im hohen Alter können wir Nervenzellen im Gehirn neu verknüpfen und neue Neuronen bildern; wir speicher so Wissen ab. Wird das Gehirn nicht gefordert, verschlechtert sich diese Fähigkeit. Einige Neuroforscher vergleichen das Gehirn daher mit einem Muskel, der laufend trainiert werden sollte, damit er nicht verkümmert. Eine weitere wichtige Entdeckung sind die Spiegelneuronen. Si sind aktiv, wenn wir handeln, aber auch wenn wir sehen, wie jemand diese Aktivität ausführt. Sie helfen uns, Gesichtsausdrücke und Verhalten so – vor allem als Führungskraft – zum Vorbild für andere. Die Hirnforscher verstehen auch immer besser, wie Emotionen Lernen beeinflussen. Unter negativen Gefühlen speichern wir Fakten in anderen Hirnregionen ab als unter positiven. Diese Areale sind mit den Assoziationen Gefahr und Angst verknüpft; rufen wir das Wissen ab, fällt es uns schwerer, es kreativ zu nutzen. Ein autoritärer Führungsstil behindert daher eher den Lernerfolg.
Die Psychologen
Trotz aller Fortschritte können Hirnforscher noch lägst nicht alle Aspekte des Lernens erklären. Psychologen sind daher weiterhin darauf angewiesen, das Verhalten von Menschen zu beobachten und daraus Hypthesen abzuleiten, wie der Wissenserwerb funktioniert. Ein in den vergangenen Jahren populärer Ansatz ist die konstruktivistische Lerntheorie. Sie geht davon aus, dass Menschenbeim Lernen mithilfe ihrer Erfahrungen ein Bild der Welt konstruieren – daher der Name. Dieser Prozess baut auf das vorhandene Wissen auf, ist stark individuell und vom sozialen Umfeld geprägt. Die Folge: Auch wenn ein Manger allen Mitarbeitern das exakt gleiche Wissen vermittelt, entstehen verschiedene Lernergebnisse. Damit gibt es auch nicht die eine ideale Lehrstrategie. Der Lehrer oder Vorgesetzte kann nur als eine Art Coach den Lernprozess anregen, es kommt stark auf die Eigenverantwortung der Lernenden an. Anhänger des Konstruvismus betonen daher Strategien wie Learning by donig sowie selbst organisiertes Lernen in Gruppen. Die gestellten Aufgaben sollen durchaus fordernd sein, um zu motivieren. Sie sollten aber an die Erfahrungswelt der Lernenden anknüpfen.
Die Pädagogen
Die Pädagogik nutzt Erkenntnisse der Hirnforscher und Psychologen, um neue Lehr- und Lernstrategien zu entwickeln. Ein immer wichtigeres Feld ist dabei das lebenslange Lernen. Niemand wird sich heute in der Arbeitswelt allein mit dem in der Schule erworbenen Wissen behaupten können. Auch wenn wir bis ins hohe Alter lernfähig sind, ändern sich die Ansprüche an den Lernprozess. Ab einem Alter von rund 25 Jahren lassen Sinnesleistung, Abstraktionsvermögen und Stressreisistenz nach. Anderseits nehmen Erfahrung, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein zu, worauf das Lernen aufbauen kann. Studien zufolge lernen Ältere besser, wenn das neue Wissen im direkten Zusammenhang mit bereits erworbenem steht, kein hoher Zeitdruck besteht und das Wissen als Ganzes ohne viele Pausen vermittelt wird (bie jüngeren ist es umgekehrt). Das Lernen sollte selbstbestimmt erfolgen, mit steigender Lebenserfahrung akzeptieren Menschen Fremdbestimmung durch Lehrer oder Vorgesetzte immer weniger. Pilotprojekte zeigen, dass Ältere besonders vom inofrmellen Lernen (jenseits klassischer Seminare) gemeinsam mit Jüngeren direkte am Arbeitsplatz profitieren.
Die Betriebswirte
Bereits siet den 20er Jahren wissen Betreibswirte, dass Lerneffekte das Ergebnis eines Unternehmens verbessern können: Verdoppelt sich die produzierte Menge einer Ware, sinken in der Regel die Kosten pro Stück um 20 bis 30 Prozent. Dieses Phänomen, bekannt unter dem Namen Erfahrungskurve, beruht zum einem auf günstigeren Einkaufsbedingungen bei größeren Mengen, aber auch auf der größeren Routine der Mitarbeiter, die das Produkt herstellen. Aber erst in den 90er Jahren gelang es Peter Senge, Forscher am Massachusetts Institute of Technology, aufbauend auf Arbeiten des Harvard-Professors Chris Argyris, das Konzept der lernenden Organisation populär zu machen. Gemeint ist damit die Fähigkeit eines Unternehmens, auf Veränderungen im Umfeld angemessen zu reagieren. Dazu muss nicht nur die Einzelne Wissen erwerben, es muss auch Mechanismen geben, um diese Kenntnisse zu sammeln und auszutauschen. Neuere Untersuchungen beschäftigen sich mit der Frage, welche Lernformen und Methoden des Wissensaustauschs zu welcher Firmenkultur passen. So sind für eine autoritäre Kultur eher angeleitetes und gesteuertes Lernen durch Vorgesetzte und Trainer angemessen; in einer familären Kultur eher relativ selbstständige Lerngruppen und Lerntandems zwischen älteren und jüngeren Miarbeiteren.
Die Informatiker
Informatiker sind dem Lernen ebenfalls auf der Spur. Sie versuchen Lernprozesse auf Rechnern zu simulieren, um so bessere Computersysteme zu entwickeln (Stichwort künstliche Intelligenz). Mit den neuronalen Netzen haben sie bereits Algorithmen geschaffen, die Lernen nachahmen und etwa bei der Bild- und Spracherkennung genutzt werden. Daneben stellt die Informations- und Kommunikationstechnik Instrumente bereit, um das Lernen und den Wissensaustausch im Unternehmen zu erleichtern. So gibt es viele E-Learning-Angebote, die interakive Weiterbildung am Arbeitsplatz über das Internet ermöglichen. Mitarbeiter können Wikis und Blogs nutzen, um ihre Kenntnisse Kollegen zugänglich zu machen. Dies ist aber nur mit explizitem Wissen möglich, das sich in Worte fassen lässt. Implizites Wissen lässt sich nur indirekt erschließen, etwa durch verbesserte Zusammenarbeit auch weit entfernter Teammitglieder mittels Chats oder Avataren im Internet oder durch interne Wissensmärkte. Auf ihnen wetten Mitarbeiter mit echten Einsätzen zum Beispiel auf Vertriebsprognosen und verlassen sich dabei auf ihre Instinkte. Hewlett-Packard hat auf diese Weise sehr präzise Absatzzahlen für Drucker voraussagen können.
Quellen:
- Harvard Business manager 11/2008, S.40f: Wie wir lernen
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