Die Organisationsforschung hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten drei wesentliche Faktoren ermittelt, die für organisationales Lernen und Anpassungsfähigkeit wichtig sind:

  1. Es muss ein Umfeld geben, das Lernen unterstützt
  2. Es müssen konkrete Lernprozesse und -praktiken definiert sein
  3. Das Management muss sich so verhalten, dass es die Mitarbeiter in ihrem Bemühen bestärkt

Die drei Fakteren werden Bausteine der lernenden Organisation genannt. Jeder Baustein und seine einzelnen Komponenten sind zwar gleichermaßen wichtig für das Ganze, sind aber voneinander unabhängig und können getrennt voneinander gemessen werden.

🧰 Wie funktioniert Lernen?

Die Lehr-Lern-Forschung boomt. Hirnforschung, Psychologie und Pädagogik erbringen fortlaufend neue Erkenntnisse darüber, wie Lehren und Lernen funktioniert. Hier kann es freilich nicht darum gehen, diese Ergebnisse umfassend darzustellen und zu diskutieren. Vielmehr wollen wir uns darauf beschränken, einige wenige, aber für die Gestaltung und Durchführung von Lernprozessen überaus wichtige und – wie wir finden –…

Baustein 1: Ein lernfreundliches Umfeld

Ein lernförderliches Umfeld zeichnet sich durch vier Eigenschaften aus:

  • Psychologiesche Sicherheit
    Wenn Mitarbeiter lernen sollen, dürfen sie kein Angst haben, herabgesetzt oder ausgegrenzt zu werden, wenn sie anderer Meinung sind als ihre Kollegen oder Vorgesetzten, wenn sie Fragen stellen, Fehler zugeben oder die Meinung einer Minderheit vertreten. Vielmehr müssen sie sich sicher genug fühlen, ihre Meinung zu äußern.
  • Wertschätzung von Unterschieden
    Lernen findet statt, wenn Mitarbeiter erkennen, dass es unterschiedliche Ideen gibt. Wenn Mitarbeiter einsehen, dass konkurrierende Perspektiven innerhalb einer Funktion und alternative Weltsichten eine Bereicherung darstellen, erhöht das die Energie und Motivation, ermuntert zu neuen Denkansätzen und beugt Lethargie und Fehlentwicklungen vor.
  • Offenheit für neue Ideen
    Beim Lernen geht es nicht einfach nur darum, Fehler zu korrigieren oder Probleme zu lösen. Es sollten auch innovative Ansätze erkundet werden. Mitarbeiter sollten ermutigt werden, Risiken einzugehen und unverprobte, unbekannte Wege einzuschlagen.
  • Zeit zur Reflexion
    Allzu viele Manager werden allein danach beurteilt, wie viele Stunden sie arbeiten und wie groß der Berg an Arbeit ist, den sie bewältigen. Doch wenn Menschen zu beschäftigt sind oder gestresst durch Zeitdruck, leidet ihr analytisches und kreatives Denkvermögen. Sie können schlechter Probleme erkennen und aus ihren Erfahrungen lernen. In einem lernfördernden Umfeld bleibt Managern Zeit für eine Pause, und sie werden ermutigt, die Prozesse sorgfältig zu analysieren.

Baustein 2: Konkrete Lernprozesse und -praktiken

Beim Lernprozess geht es darum, wie Informationen gesammelt, verwertet und verbreitet werden. Sie legen fest, wie Experimente durchgeführt werden sollen, um neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und zu testen, und sie bestimmen außerdem darüber, wie der Markt beobachtet werden muss, um die Konkurrenz, die Kunden und technologische Trends im Auge zu behalten. Manager müssen disziplinierte Analyse- und Auswertungsverfahren installieren, um Probleme zu identifizieren und zu lösen. Festgelegt werden muss auch, mit welchen Bildungs- und Schulungsmaßnahmen die Weiterentwicklung sowohl neuer als auch langjähriger Mitarbeiter gefördert werden soll.

Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, muss Wissen auf systematische und klar definierte Weise geteilt werden. Wissen kann zwischen Einzelnen, Gruppen oder ganzen Unternehmen ausgetauscht werden, es kann im Unternehmen lateral oder vertikal weitergegen werden. Der Wissensaustausch kann sich zum einen auf interne Abläufe beziehen. So kann der Prozess vorsehen, dass die Projektleiter nach Abschluss eines Projekts Audit oder Analysen durchführen und die Erkenntnisse denn mit anderen Managern, die mit ähnlichen Aufgaben betraut sind, teilen müssen.

Das vielleicht bekannteste Beispiel für einen solchen Ansatz ist der After Action Review (AAR)– Prozess des amerikanischen Militärs, der heute von vielen Unternehmen angewendet wird. Dieser Prozess beinhaltet eine systematische Besprechung nach jeder Mission, jedem Projekt oder jeder wichtigen Aktivität. Den Rahmen bilden vier einfache Fragen:

  1. Welches Ziel wollten wir erreichen?
  2. Was passierte tattsächlich?
  3. Warum passierte es?
  4. Wie werden wir das nächste Mal handeln? (Welche Aktivitäten behalten wir bei und welche verbessern wir?)

Baustein 3: Führungskräfte, die Lernen fördern

Organisationales Lernen wird stark durch das Verhalten von Führungskräften beeinflusst. Wenn Manager Mitarbeitern aktiv Fragen stellen und zuhören – und sie dadurch zum Dialog und zu Diskussionen ermuntern -, fühlen sich die Mitarbeiter ermutigt zu lernen. Wenn Führungskräfte deutlich machen, wie wichtig es ist, Zeit damit zu verbringen, Probleme zu identifizieren, Wissen weiterzugeben und Projekte nach deren Abschluss zu reflektieren, werden diese Aktivitäten sehr wahrscheinlich erfolgreich sein. Wenn Menschen in Machtpositionen durch ihr eigenes Verhalten die Bereitschaft zeigen, andere Standpunkte in Erwägung zu ziehen, fühlen sich Mitarbeiter ermutigt, neue Ideen anzubringen.

Quellen:

  • Hardvard Business manager 11/2008, S.76ff, Das lernende Unternehmen