Managerinnen und Manager in der Linie müssen immer häufiger die Aufgaben der Personalabteilung übernehmen. Ein Schnellkurs vermittelt das nötige Grundwissen.

Es ist ein globaler Trend, der inzwischen seit fast einem Jahrzehnt voranschreitet: Die Zuständigkeit für das Talentmanagement in Unternehmen verschiebt sich immer mehr von der Personalabteilung hin zu den verantwortlichen Führungskräften.

Dieser Wandel hat zum einen etwas damit zu tun, dass die Personalabteilungen während der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 besonders stark von Kostensenkungen und Personalabbau betroffen waren. Zum anderen erkennen immer mehr Unternehmen, dass viele Aspekte des Talentmanagements am besten von den Führungskräften im Tagesgeschäft geregelt werden können. In einer australischen Studie aus dem Jahr 2005 gaben etwa 70 Prozent der Befragten an, dass in ihren Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren Abteilungsleiter einen Großteil der Aufgaben der Personalabteilungen übernommen hätten. In einer weiteren Studie, die 2013 bei britischen Unternehmen durchgeführt wurde, sagten deren leitende Angestellte, sie hätten das Gefühl, bei Fragen der Karriereentwicklung auf ihre Mitarbeiter einen gewichtigeren Einfluss zu haben als die Personalabteilungen. Und in den USA planen laut einer Umfrage 45 Prozent aller Personalabteilungen, sich bis zum Ende dieses Jahres aufgrund dieser Entwicklung neu zu strukturieren.

Aus gutem Grund: Eine Studie des Beratungsunternehmens The Corporate Executive Board Company (CEB) brachte zutage, dass Unternehmen, in denen nicht die Personalabteilungen, sondern die Abteilungsleiter für Recruitment, Zielvereinbarungsgespräche und die Bindung guten Personals verantwortlich sind, in diesen Punkten um 29 Prozent erfolgreicher sind.

Für viele der betroffenen Führungskräfte sind die neuen Aufgaben mit Herausforderungen verbunden. Kein Wunder: Investitionen in Humankapital sind eine eher kniffelige Angelegenheit. Die mögliche Rendite ist weitaus weniger planbar als etwa bei Investitionen in einen neuen Maschinenpark. Hinzu kommt, dass einige Talentmanagementinitiativen, die jahrelang vielversprechende Resultate erzielten, plötzlich fruchtlos zu werden scheinen (siehe Kasten). Noch dazu ist es keineswegs einfach, sich das erforderliche Wissen in diesem Bereich anzueignen: Neuere Studien zeigen, dass viele gängige Ansätze und Theorien guter Personalführung nicht auf solidem Grund stehen.

Die folgenden Zeilen können für Führungskräfte, die sich im Tagesgeschäft plötzlich auch um Fragen der Personalentwicklung kümmern müssen, genauso hilfreich sein wie für ihre Angestellten. Viele der beschriebenen jüngeren Best-Practice-Ansätze werden Personalem geläufig sein, haben aber bedauerlicherweise nur in sehr wenigen Unternehmen Einzug gehalten.

WAS BRAUCHEN TALENTE?

Das erste Problem für Führungskräfte, die sich plötzlich mit dem Thema Talentmanagement auseinandersetzen müssen, ist der Mangel an ihnen zur Verfügung stehenden Informationen. Vergleichen Sie die Situation einmal mit anderen Entscheidungen: Wenn Sie etwa festlegen müssen, ob Sie einen Teil eines Arbeitsprozesses auslagern wollen, würden Sie im Vorfeld vermutlich alle infrage kommenden Anbieter und deren Preise vergleichen und darüber hinaus durchrechnen, wie viel Sie ein hoher Lagerbestand im Vergleich zu dem Risiko eines plötzlichen Mangels kosten würde.

Bei Investitionen in Humankapital ist die Datenlage eine andere. Versuchen Sie einfach mal, die folgenden Fragen zu beantworten: Welche Universitäten, Personalberater oder Wettbewerber haben Ihnen bisher die fähigsten Mitarbeiter verschafft? Wie hoch sind die Kosten einer nicht besetzten Stelle, und was kostet Sie ein mit seinen Aufgaben unterforderter Arbeitnehmer? Wie viele der frei werdenden Stellen können Sie intern besetzen und inwieweit gleicht diese Quote Ihre Investitionen in Personalschulungen und Weiterbildungsmaßnahmen aus? Wie lange sind Stellen bei Ihnen im Unternehmen im Durchschnitt von einem Arbeitnehmer besetzt? Und wie hoch schätzen Sie die Performance-Unterschiede Ihrer Mitarbeiter ein?

Einige der Antworten, die Ihnen beim Lesen der Fragen vermutlich durch den Kopf geschossen sind, sind falsch. Nehmen Sie etwa die weitverbreitete Annahme, dass die schlechte Performance eines einzelnen Mitarbeiters nur auf dessen individuellem Versagen begründet ist. Studien zeigen mittlerweile, dass es so etwas wie einen Einserschüler auf Lebenszeit nicht gibt. Die meisten Menschen sind eben nicht über lange Zeit nur ein guter durchschnittlicher oder schlechter Leistungsträger. Die Qualität der Arbeitsleistung von Menschen hängtim Wesentlichen von ihrem direkten Umfeld und dessen Unterstützung ab. Harvard-Business-School-Professor Boris Groysberg konnte nachweisen, dass es sich fast nie auszahlt, den vermeintlichen Superstar eines Wettbewerbers abzuwerben, da dieser in aller Regel ohne sein Team, das ihm geholfen hat zu brillieren, wechseln wird. Wem es gelingen will, seine Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen, muss diese auf die für sie optimalen Positionen setzen und ihnen kompetente Führungskräfte zur Seite stellen.

TALENTE BINDEN?

Wenn Führungskräfte darüber nachdenken, wie sie mehr Talente an ihr Unternehmen binden können, sehen sie sich häufig nur außerhalb der eigenen Organisation um. In US-amerikanischen Firmen werden rund 60 Prozent aller freien Stellen mit externen Bewerbern besetzt – eine Generation früher lag dieser Anteil gerade mal bei 10 Prozent. Natürlich ist diese Entwicklung auch darin begründet, dass sich die Gesellschaft verändert hat. Viele Arbeitnehmer streben keine Anstellung auf Lebenszeit mehr an, sondern wollen mobiler leben und arbeiten. Es spielen aber auch voreilige Personalentscheidungen eine Rolle, das nicht ausgeschöpfte Potenzial der eigenen Belegschaft und der bereits zitierte Mythos des ewigen Einserschülers.

Um das noch einmal deutlich zu machen: Es gibt mehr als einen Weg, neue Talente in der eigenen Organisation zu gewinnen. Man kann sie einkaufen, indem man vielversprechende externe Bewerber einstellt. Man kann sie innerhalb des eigenen Unternehmens durch Fördermaßnahmen und Schulungen aufbauen. Und man kann sie ausleihen, indem man Leiharbeiter einsetzt und mit Zeitarbeitsfirmen kooperiert. Welche der drei Möglichkeiten sollte man wählen? Um diese Frage zu beantworten, hilft ein Blick auf die Kostenseite. Matthew Bidwell, ein Kollege von mir aus Wharton, hat etwa den Unterschied zwischen von außen angeworbenen Führungskräften und Kollegen, die innerhalb des Unternehmens befördert wurden, untersucht. Das Ergebnis war eindeutig: Externe Neuzugänge brauchen drei Jahre länger, um genauso gute Ergebnisse abzuliefern wie interne Kräfte. Intern gewonnene Führungskräfte brauchen dagegen durchschnittlich sieben Jahre, bis sie genauso viel verdienen wie Kandidaten von außen.

Ziehen Sie bei Ihren Überlegungen auch die Kosten für die externe Personalsuche und mögliche indirekte Kosten (wie eine womöglich schlechte Arbeitsmoral und hohe Fluktuation) in Erwägung, wenn Sie über die Neubesetzung mit einem externen Kandidaten nachdenken. Ein Talent von außen zu holen ist in aller Regel immer teurer als die interne Variante. Die teuerste Variante ist es jedoch, sich Talente nur vorübergehend auszuleihen, da in diesem Fall auch noch die Gebühren der Vermittler zu Buche schlagen. Denken Sie jedoch auch über mögliche Risiken Ihrer Investitionen nach. Gewiss: Die Entwicklung der eigenen Mitarbeiter kann Geld sparen, ist aber auch eine sehr langfristige Angelegenheit, die durchaus nicht immer Erfolg versprechend ist. Sind Sie sich etwa sicher, dass Sie die Fähigkeiten, in denen Sie Ihre Mitarbeiter just schulen, in fünf Jahren überhaupt noch brauchen? Wie langfristig ist Ihre Personalentwicklung aufgestellt? Ein externer Bewerber kann Ihnen sicherlich punktgenau die Fähigkeiten bieten, die Sie benötigen, doch dafür ist sein Preis wie oben angeführt – höher, noch dazu müssen Sie ihm eine gewisse Anlaufzeit einräumen, bis er sich in Ihr Unternehmen eingelebt hat. Die befristete Einstellung von Zeitarbeitskräften wäre da vermutlich die bessere Alternative, da diese darin geschult sind, sich möglichst schnell in neue Organisationen einzufinden. Aber ist Ihnen dieser Vorteil wirklich einen Premiumaufschlag wert? Solange Sie relativ sicher wissen, wie Ihre zukünftigen Herausforderungen aussehen werden, scheint die eher längerfristige Alternative der im eigenen Haus geförderten Talente immer noch die beste Wahl zu sein. Sollten Sie jedoch nicht wissen, wohin Ihre Reise geht, scheint es ratsam, mit befristetet angestellten Talenten zu arbeiten, da diese zwar mehr Kosten verursachen, aber immer noch ein geringeres Risiko darstellen als die Festanstellung eines externen Kandidaten.

VORSICHT VOR VERALTETEN METHODEN

Viele der Werkzeuge des Talentmanagements wurden kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt und zielen auf Probleme, die es heute entweder nicht mehr gibt oder die anderweitig besser gelöst werden könnten. Die drei folgenden Methoden werden in vielen Unternehmen noch immer praktiziert-obwohl sie längst in die Mottenkiste gehören.

NACHFOLGEPLANUNG

Die Idee dahinter ist, schon heute geeignete Personen zu identifizieren, die in einigen Jahren so weit sind, einen bestimmten Job zu übernehmen. Das Problem ist jedoch, dass man dafür im Prinzip in die Zukunft sehen können müsste, denn niemand kann heute genau sagen, welche Qualifikationen ein Job in fünf Jahren erfordert und ob sich das eigene Geschäft bis dahin nicht ohnehin verlagert hat. Genauso ist es fast unmöglich, heute abzuschätzen, wer in Zukunft für eine Aufgabe geeignet sein wird. Sobald sich die Aufgaben verändern, die betreffende Person das Unternehmen verlässt oder zwischenzeitlich versagt, ist die Methode gescheitert. So wurden nicht nur Zeit und Energie vergeudet. Es kann auch passieren, dass die einst auserwählten Kandidaten in diesem Fall genauso frustriert sind wie diejenigen, die in der Vergangenheit nicht als High Potentials identifiziert wurden. Solches Scheitern kann am Ende zu schlechteren Ergebnissen führen, als wenn Unternehmen keinerlei Förderung unternommen hätten.

HIGH-POTENTIAL-PROGRAMME

Diese Maßnahmen wurden ursprünglich in der Nachkriegszeit entwickelt, um Collegeabsolventen (damals vor allem Ingenieure) in Produktionsbetrieben schnell für die Führungsetagen fit zu machen, da es sehr wenige Führungskräfte mit höherem Abschluss gab. Es ist unklar, warum viele Unternehmen noch immer daran festhalten. Genauso wie bei der Nachfolgeplanung basieren High-PotentialProgramme auf der Annahme, dass man schon heute voraussagen kann, welcher Mitarbeiter in Zukunft bei großen Herausforderungen brillieren wird. Die meisten Unternehmen sind jedoch sehr schlecht darin, die eigenen Talente zu erkennen – sodass nicht immer die am besten geeigneten Kandidaten in die Programme aufgenommen werden.

BELEGSCHAFTSPLANUNG

Viele Personalabteilungen erstellen detaillierte Pläne darüber, wie viele Mitarbeiter die eigene Organisation in Zukunft benötigen wird. Wenn Sie jedoch nicht sicher abschätzen können, wie sich Ihr Geschäft und Ihre Umsätze in Zukunft entwickeln werden, sind diese Pläne nutzlos – keine noch so gute Planung der Belegschaft kann der Unsicherheit gerecht werden. Genau wie die Planung einzelner Karrieren verschwendet auch die Planung der gesamten Belegschaft Zeit und Energie. Außerdem ist das Risiko groß, die falsche Richtung einzuschlagen.

Erstaunlicherweise setzen sehr viele Unternehmen Leiharbeiter und Zeitarbeitsfirmen wenig strategisch ein – und das obwohl diese einen finanziellen Mehraufwand verursachen. Der durchschnittliche US-amerikanische Arbeitgeber beschäftigt keine Kräfte mit befristeten Verträgen, doch in immerhin 5 Prozent der Firmen erledigen sie 37 Prozent des gesamten Arbeitsaufkommens. Einige Unternehmen überschätzen allerdings die Flexibilität von Leiharbeitskräften: Matthew Bidwell zeigte in einer weiteren Studie, dass Firmen sich auch bei schlechter Auftragslage in der Regel nur sehr langsam von ihren befristet beschäftigten Mitarbeitern trennen. Des Weiteren verpflichten sie die teureren externen Arbeitskräfte zu häufig auch für essenzielle Aufgaben im eigenen Geschäft und nicht nur für Sonderprojekte. Mit der Folge, dass die eigentlich nur auf Zeit eingesetzten Arbeitskräfte für das eigene Geschäft genauso wichtig werden wie die Festangestellten.

EIN BESSERES RECRUITING

Die richtigen Leute für das eigene Unternehmen zu gewinnen ist womöglich eine der größten Herausforderungen von Organisationen. Der Prozess kann in zwei Phasen untergliedert werden: Die erste ist das Recruiting – die Aufmerksamkeit attraktiver Kandidaten zu erheischen. Führungskräfte mögen zunächst erfreut sein, wenn sie mit Bewerbungen überschwemmt werden, und dies als Zeichen deuten, dass das eigene Unternehmen als guter Arbeitgeber gilt. Die wirklich geeigneten Bewerber auszusieben ist jedoch extrem kostspielig, auch deswegen sollte eine Bewerberschwemme eher als Versagen des eigenen Recruitings gedeutet werden. Kluge Führungskräfte bevorzugen eine kleine, dafür aber feine Auswahl von Kandidaten. Diese kann man erhalten, indem man ungeeignete Bewerber von vornherein abschreckt (etwa durch dezidiert geforderte Qualifikationen) oder ganz offen kommuniziert, dass das eigene Unternehmen nicht für jedermann geeignet ist (sehr spezialisierte Branchen wie etwa das US-Militär haben diese Strategie perfektioniert). Wer wirklich gut im Recruiting ist, findet auch die Kandidaten, die nicht aktiv gesucht haben, aber in Versuchung geraten, wenn sie von außen angesprochen werden.

In der zweiten Phase kommt es darauf an, die richtige Wahl zu treffen. Auch diese Aufgabe ist herausfordernd, da viele Bewerber ihre Qualifikation besser darstellen, als sie ist, und die meisten Führungskräfte sehr wenig Erfahrung darin haben abzuschätzen, welcher Kandidat für einen speziellen Job am besten geeignet wäre. Wer keine spezielle Ausbildung dafür hat, wird leicht Opfer seiner Vorurteile.

Doch es gibt eine Lösung: Man kann auch das Einstellen neuer Arbeitskräfte ausgliedern. Solange Sie nicht immer wieder Bewerber für ähnliche Jobs suchen (wie es etwa in manchen Buchhaltungs- und Beratungsfirmen vorkommt) oder sehr häufig und regelmäßig Neueinstellungen vornehmen müssen, fahren Sie vermutlich besser, wenn externe Experten für Sie die große Zahl von Bewerbern auf ein Minimum dezimieren – und haben dadurch auch geringere Kosten.

INTERNE TALENTE FÖRDERN

Wer externe Neueinstellungen bevorzugt, steckt häufig in einem Teufelskeis: Viele Führungskräfte schrecken davor zurück, die eigenen Mitarbeiter besser auszubilden, weil sie Sorge haben, class diese die Organisation ohnehin schnell wieder verlassen. Tatsächlich ist es aber so, dass viele Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, weil sie sich nicht wertgeschätzt fühlen – aber durch ihren Fortgang die Sorge ihrer Chefs vor wenig treuen Arbeitskräften unabsichtlich anheizen.

Nichtsdestotrotz gibt es Bereiche, dazu zählen etwa die Buchhaltung und viele Dienstleister, die intensiv in die Weiterbildung der eigenen Belegschaft investieren – und auch bei einer hohen Fluktuation in den Organisationen damit sehr profitabel sind. Ihr Erfolgsgeheimnis besteht darin, dass nur ein geringer Teil ihrer Fördermaßnahmen in Schulungszentren und ein sehr viel größerer Teil während der alltäglichen Arbeit stattfindet. Diese Form der Ausbildung on the Job fand sehr lange bei Tischlern und anderen Gewerken in Form von Ausbildungsverträgen statt.

Unternehmen sollten sich an diesem System ein Beispiel nehmen. Es gibt sehr viele dringend benötigte Fähigkeiten – seien sie technischer, verkäuferischer oder organisatorischer Natur -, die man sehr gut im normalen Arbeitsalltag lernen und verbessern kann. In der Regel funktioniert das Aneignen von Wissen im Job immer dann am besten, wenn die Aufgaben in kleine Häppchen verpackt werden können und die betroffenen Mitarbeiter einen Supervisor haben, der Einblick darin hat, wann sein Zögling bereit ist, eine neue Herausforderung anzugehen. Dieser Ansatz hat übrigens auch den Vorteil, dass er nicht erst hohe Weiterbildungskosten verursacht, die sich für den Arbeitgeber erst sehr viel später auszahlen (oder diesen dem Risiko aussetzen, dass sein neu geschulter Mitarbeiter nach der Förderung von einem Wettbewerber abgeworben wird, der dann die Früchte der Investition erntet).

Wenn Ihre Mitarbeiter jedoch auf Schulungen außerhalb des Jobs bestehen, sollten Sie ihnen anbieten, die Kosten für externe Programme zu erstatten — eine der, wie ich finde, in der Wirtschaft wohl am meisten unterschätzten Entwicklungsmöglichkeiten. Das Schöne an diesen Programmen ist, dass sie in aller Regel erst nach der Arbeitszeit stattfinden, dadurch entstehen den Firmen keine Kosten durch nicht genutzte Arbeitszeit. Von mir durchgeführte Studien belegen, dass Arbeitgeber, die im Hinblick auf das Erstatten von privaten Weiterbildungsinitiativen relativ offen sind, qualifiziertere Bewerber anziehen und häufig eine geringe Fluktuation im eigenen Unternehmen haben.

KARRIEREWEGE AUFZEIGEN

Die einzige wirksame Methode, mit der man gute Mitarbeiter halten kann, ist die, ihnen bessere Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Das Problem ist allerdings, dass es in aller Regel sehr schwierig ist, einen klaren Karriereweg zu garantieren. Es ist fast unmöglich, jemandem zuzusichern, dass er in fünf Jahren definitiv auf eine neue Position wechseln wird. Unternehmen können diesem Dilemma entgehen, wenn sie einen transparenten internen Markt für Talente schaffen, auf dem diese sich auf frei werdende Positionen bewerben können. Das Sea-Warrior-Programm der US-Navy geht sogar noch einen Schritt weiter, indem es auch einzelne Seeleute über passende Aufgaben informiert und die finanziellen Anreize für unattraktive Aufgaben sogar noch angehoben hat, um die Zahl der Bewerbungen zu erhöhen.

FAZIT

Mir ist klar, dass es im Zeitdruck des Tagesgeschäfts verführerisch ist, Fragen des Talentmanagements ganz unten auf der Prioritätenliste anzusiedeln. Es ist ja auch tatsächlich so, dass die Konzentration darauf die Arbeitsbelastung kurzfristig noch erhöht. Doch Sie sollten nicht vergessen, dass es langfristig signifikante Gewinne einbringen kann, indem es jene Probleme reduziert, die zwar nicht unmittelbar den eigenen Bereich betreffen, den Erfolg der Organisation aber trotzdem maßgeblich beeinträchtigen.

Sich den hier aufgeführten Fragen zu stellen kann helfen, die Fluktuation von ehrgeizigen Mitarbeitern zu verringern, die Abhängigkeit von teuren Personaldienstleistern und Leiharbeitnehmern zu reduzieren. Außerdem sinkt die Zahl der Mitarbeiter, die innerlich gekündigt haben, weil sie in ihrem Job keine Zukunft mehr für sich sehen.