Der Begriff „Teamfähigkeit“ wird hauptsächlich im Arbeitsleben benutzt und beschreibt die Fähigkeit einer Person, im Team zu arbeiten. Synonyme Beschreibungen sind die Fähigkeit und Bereitschaft, sich als Teamspieler zu zeigen, teamorientiert zu sein, sich gut in Teams einzufĂĽgen und gern in Teams zu arbeiten. (Seelheim/Witte 2014)
Teamfähigkeit wird als individuelle Fähigkeit betrachtet, die es ermöglicht in einem Mikrosystem (Team) effektiv zu kooperieren (Seelheim/Witte 2007). Sie ist eine soziale Fähigkeit, wird im Verhalten der Person in einem Team sichtbar und es wird vermutet, dass sie sich positiv auf das Ergebnis auswirkt.
Einordnung
Wann immer Personen in Gruppen zusammenarbeiten, treten positive und auch negative Effekte der Zusammenarbeit auf. Es kann Zuwächse oder Verluste in der Motivation geben, Prozessverluste aufgrund notwendiger Koordination oder Blockierungseffekte treten auf. Ein Konzept mit durchweg positiver Konnotation ist das Konzept der Teamfähigkeit. (Seelheim/Witte 2014)
Teamfähigkeit gehört zu den sozialen Kompetenzen. Soziale oder interpersonale Kompetenzen beschreiben individuelle Unterschiede im Umgang mit sozialen Situationen (Schuler/Barthelme 1995). Greif (1987) beschreibt soziale Kompetenzen als die Fähigkeit, in sozialen Interaktionen Pläne erfolgreich umsetzen und Ziele erfüllen zu können. In der globalisierten Arbeitswelt steigt die Bedeutung dieser sozialer Fähigkeiten, weil höhere Anforderungen und eine gestiegene Komplexität vieler Aufgaben zunehmend interdisziplinäre Teams, häufig Projektteams, erfordern (Rosenstiel 2006).
Nach Schuler/Barthelme (1995) kann Teamfähigkeit als die Summe mehrerer Facetten sozialer Kompetenz für den Spezialfall der Interaktion innerhalb von Gruppen verstanden werden. Das Konstrukt wurde vor einem beruflichen Hintergrund aufgestellt (Schuler/Barthelme 1995). Es hat soziale Relevanz und trägt eine positive Konnotation, so dass es individuelles Verhalten stimuliert. Im Rahmen der Personalentwicklung von Organisationen werden Trainings angeboten, um Teamfähigkeit zu erhöhen (Sonntag/Schaper 2006) und Mitarbeiterbeurteilungen in Unternehmen beinhalten den Punkt Teamfähigkeit. Auch Kleinmann (2005) betont, dass Organisationen sie als wichtig für die Karriere zukünftiger Führungskräfte einstufen. (Seelheim/Witte 2014)
Trotz dieser hohen Relevanz und Wertschätzung im beruflichen Umfeld existiert keine umfassende Definition für die Teamfähigkeit. Es gibt eine Vielfalt von Meinungen, was das Konzept denn beinhalte und welche Kompetenzen im Einzelnen mit ihm in Verbindung zu bringen seien. Gemäß der Forschung von Seelheim/Witte (2007) kann Teamfähigkeit am treffendsten anhand der in nachfolgenden Tabelle beschriebenen Teilkompetenzen beschrieben werden. (Seelheim/Witte 2014)
Teilkompetenz | Beschreibung |
---|---|
Kommunikationsfähigkeit | Kann gut mit anderen kommunizieren, sich verbal gut ausdrücken, Ansichten mit anderen austauschen, kann aktiv zuhören, inklusive non-verbale Kommunikation |
Interaktionsfähigkeit | Ist in der Lage mit anderen in Kontakt zu kommen und mit ihnen zu interagieren. Dies reicht von der Kontaktherstellung als Voraussetzung für Kommunikation und Teamarbeit bis zum tieferen, intensiven Kontakt und zur Interaktion mit anderen |
Kooperationsfähigkeit | Arbeitet mit anderen zusammen mit dem Ziel, die Aufgabe gemeinsam zu erfüllen. Nicht konkurrierend |
Konfliktfähigkeit | Kann konflikthafte Situationen in produktiver Weise bewältigen. Ist nicht konfliktorientiert, scheut oder vermeidet aber Konflikte auch nicht, sondern stellt sich ihnen, addressiert sie und behandelt sie angemessen |
Integrationsfähigkeit | Besitzt die Fähigkeit, sich in eine Gruppe einzufügen. Bezieht andere ein und trägt zur positiven Nutzung von Vielfalt bei, z. B. hinsichtlich Ansichten, Persönlichkeiten, Nationalitäten |
Konsensfähigkeit | Besitzt die Fähigkeit, auf der Basis von Vielfalt zu einem Konsens zu kommen. Unterstützt den Prozess, dass aus einzelnen Aspekten ein Produkt höherer Qualität entsteht |
Zusammenhang zwischen Teamfähigkeit und Leistung der Gruppe
Was man aus der Forschung zur sozialen Wahrnehmung weiß, ist die Tatsache, dass im Rahmen der Wahrnehmung anderer zwei Dimensionen zentral und robust sind: die Wärme- und die Kompetenz-Dimension. (Seelheim/Witte 2014)
Die Wärme-Dimension umfasst nach Cuddy et al. (2008) Eigenschaften wie Moral, Vertrauenswürdigkeit, Aufrichtigkeit, Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit. Die Kompetenz-Dimension beinhaltet Eigenschaf wie Wirksamkeit, Können, Kreativität, Zutrauen und Intelligenz. (Seelheim/Witte 2014)
Die beiden Dimensionen sind so grundlegend, weil sie zwei entscheidende Fragen beantworten, die für das Überleben in einer sozialen Welt wesentlich sind (Cuddy et al. 2008). Die Wärme-Dimension beantwortet die Frage „Welche Intentionen haben andere mir gegenüber?“. Die Kompetenz-Dimension hingegen beantwortet die Frage „Welche Fähigkeiten haben die anderen ihre Intentionen umzusetzen?“ (Cuddy et al. 2008). (Seelheim/Witte 2014)
Aus der Forschung zum Thema Gruppenleistung wissen wir, dass die beiden Dimensionen auch für Teamergebnisse entscheidend sind. Die Effektivität von Gruppen kann in zwei Komponenten aufgeteilt werden: eine aufgaben- und eine beziehungsorientierte Komponente. Diese Unterteilung von Gruppenleistungen hat sich gut bewährt (Halfhill et al. 2005). Während die aufgabenbezogenen Kriterien die Teamleistung im Sinne von Quantität und Qualität messen, erfassen die beziehungsorientierten Kriterien die sozialen und affektiven Aspekte des Teamergebnisses, z. B. den Zusammenhalt im Team und die Überlebensfähigkeit, d. h. Frage ob das Team weiter zusammen arbeiten kann. (Seelheim/Witte 2014)
All diese Komponenten von Effektivität zu erhöhen, die Gesamtleistung zu verbessern, ist unbestritten ein Ziel von Unternehmen. Das legt die Vermutung nahe, dass der Grund fĂĽr die Forderung nach Teamfähigkeit in der Annahme liegt, dass diese die Leistung von Teams verbessert. Schuler/Barthelme (1995, S. 83) formulieren es so: „Sie [Teamfähigkeit] liefert die Grundlage dafĂĽr, die Zusammenarbeit zu optimieren und ihre Effizienz zu steigern.“ Wenn ein positiver Zusammenhang zwischen Teamfähigkeit und der Leistung einer Gruppe bestehen wĂĽrde, wĂĽrde eine aus teamfähigen Mitgliedern bestehende Gruppe bessere Leistungen zeigen als eine aus nicht teamfähigen Mitgliedern bestehende. Es wäre dann möglich, die ideale Gruppe zu kreieren (Moreland et al. 1996), die die maximale Leistung erbringt. (Seelheim/Witte 2014)
Leider zeigt die bisherige Forschung keinen solchen Zusammenhang. (Seelheim/Witte 2014)
Selbst mit der Teamfähigkeit verbundene Persönlichkeitseigenschaften noch atmosphärische Aspekte der Gruppenkohäsion (Anziehung, die die Gruppe auf die Mitglieder ausübt), wie harmonische Sozialbeziehungen und zwischenmenschliche Anziehung, scheinen mit einer höheren Teamleistung verbunden zu sein. (Seelheim/Witte 2014)
Das Wohlfühlen in einer Gruppe dagegen scheint mehr mit der Kohäsion und der Atmosphäre in der Gruppe verbunden zu sein als mit ihrer Leistung. In einer Studie von Engelhardt/Witte (1999) berichteten 92% der Teilnehmer (n=100), dass Gruppenzusammenhalt und Atmosphäre wichtig für ihr Wohlbefinden in der Gruppe sind. Nur 25% der Teilnehmer hielten die Gruppenleistung dafür für wichtig. Auch können Leistungs- und Beziehungskriterien verwechselt werden. In einer Studie von Boy/Witte (2007) hing die Bewertung der Gruppenleistung nicht von der tatsächlichen Gruppenleistung ab, sondern von der wahrgenommenen Atmosphäre in der Gruppe. (Seelheim/Witte 2014)
Wie wird Teamfähigkeit wahrgenommen?
Die Wahrnehmung von Teamfähigkeit einer Person wird signifikant unterschieden, je nachdem wie ihr Beitrag zur Atmosphäre der Gruppe aussieht. Trägt jemand Wärme statt Kälte zum Gruppenklima bei, wird seine Teamfähigkeit als signifikant höher eingestuft. Die Stärke dieses Effekts ist hoch. (Seelheim/Witte 2014)
Eine Person, die Wärme zur Gruppenatmosphäre beiträgt, wird als signifikant kommunikationsfähiger, interaktionsfähiger, kooperationsfähiger, konfliktfähiger, integrationsfähiger und konsensfähiger eingeschätzt. Die Stärken dieser Effekte
reichen von hoch bis mittel. (Seelheim/Witte 2014)
Es zeigte sich sogar, dass eine Person, die warm agiert und einen Beitrag zur Gruppenleistung erbringt als weniger teamfähig eingeschätzt wird als eine Person, die warm agiert und keinen Beitrag zur Gruppenleistung erbringt. (Seelheim/Witte 2014)
Eine Person, die einen Leistungsbeitrag erbringt, wird als konfliktfähiger wahrgenommen, aber gleichzeitig auch als weniger kooperationsfähig. (Seelheim/Witte 2014)
Eine Person, die zur Leistung der Gruppe beiträgt, wird als konfliktfähiger wahrgenommen, aber gleichzeitig wird ihr eine geringere Kooperationsfähigkeit zugeschrieben, dem zentralen Element der Teamfähigkeit. Wenn die Person in warmer Weise agiert, wird sie bei Erbringen eines Leistungsbeitrags sogar als ausdrücklich weniger teamfähig eingeschätzt. Teamfähigkeit und Konfliktfähigkeit scheinen sich zu widersprechen. (Seelheim/Witte 2014)
Effekte der Teamfähigkeit auf die Teamarbeit
Die Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der Studie von Seelheim/Witte (2014) für Teamarbeit und deren Effektivität sind nicht sehr optimistisch. Effektivitätssteigerungen für aufgabenzentrierte Gruppenarbeit sind aus dem Konzept der Teamfähigkeit nicht zu erwarten. Erstens umfasst die Wahrnehmung von Teamfähigkeit lediglich eine Dimension von Gruppeneffektivität: die beziehungsorientierte. (Seelheim/Witte 2014)
Das aufgabenbezogene Verhalten fließt nach den Ergebnissen von Seelheim/Witte (2014) nicht in die Wahrnehmung von Teamfähigkeit ein. Ein Verständnis von Teamfähigkeit, das auf Kooperation und das Einbringen von Wärme in die Gruppe reduziert ist, lässt beträchtliche Produktivitätsverluste in Gruppen erwarten. (Seelheim/Witte 2014)
Verhalten, das unerlässlich für die Sicherung und Steigerung von Gruppenleistungen ist, wie das Bestehen auf den eigenen Überzeugungen und Konkurrenz (Engelhardt/Witte 1999), wird bei einem solchen Verständnis völlig vernachlässigt. Zweitens bedroht der Widerspruch zwischen Teamfähigkeit und Konfliktfähigkeit die Produktivität von Gruppenarbeit, weil es positive Effekte unterbindet, die kognitive Konflikte auf die Qualität der Entscheidung haben (Amason/Schweiger 1997). Und schließlich bleibt der positive Wert, den Minderheitenmeinungen für die Qualität von Entscheidungen und für die Kreativität haben können (Moscovici et al. 1994; Nemeth 1992; Nemeth und Cimeth 1988), ungenutzt. Wenn das Einbringen einer korrekten Minderheitenmeinung in die Leistung einer Gruppe in einer geringer wahrgenommenen Kooperationsfähigkeit – dem zentralen Element von Teamfähigkeit – resultiert, kann dies zur Vermeidung korrekter Minderheitenmeinungen führen. Gruppenergebnisse bestehen dann aus Mehrheitsmeinungen und beträchtliche Minderungen von Gruppenleistungen sind zu erwarten. (Seelheim/Witte 2014)
Mittel zur Verbesserung der Gruppenleistung
Ein viel versprechender Weg ist die Anwendung der Gruppenmoderationsmethode PROMOD (Prozedurale Moderation) (Witte 2007, 2012; Witte/Sack 1999). Diese Moderationsmethode verbessert die Qualität von Gruppenleistungen und -entscheidungen anhand von drei Mitteln: Sie maximiert den informationalen Einfluss und die intellektuelle Produktion des Einzelnen und verhindert dessen Motivationsverluste, indem das einzelne Gruppenmitglied ständig mit einem Moderator zusammenarbeitet. Gleichzeitig reduziert sie die soziale Interaktion der Gruppenmitglieder auf eine dyadische Interaktion mit dem Moderator und reduziert so Blockierungseffekte und Prozessverluste aus normativen sozialen Einflüssen wie Konformität und Konfliktvermeidung innerhalb der Gruppe. Schließlich optimiert die Technik den Einfluss des Beitrags des einzelnen Gruppenmitglieds auf die finale Gruppenentscheidung mit Hilfe einer Integrationsregel. Ergebnisse einer empirischen Studie mit 270 Personen, die in Dreier-Gruppen arbeiteten, und zwar unter PROMOD-Moderation, ohne PROMOD-Moderation (Kontrollbedingung) oder in „synthetischen“ Gruppen, zeigten, dass PROMOD-moderierte, interagierende Gruppen insgesamt am besten und signifikant besser als andere Gruppen abschneiden (Witte 2007, 2012). Die Methode ist ein geeignetes Mittel, um Produktivitätsgewinne bei Gruppen zu generieren, die in Projektteams an komplexen Aufgaben arbeiten.
Quellen:
- Boy, R., & Witte, E. H. (2007). Do group discussions serve an educational purpose? http://epub.sub.unihamburg.de/epub/volltexte/2012/16815/pdf/HAFOS_79.pdf. Zugegriffen: 06. April 2014.
- Cuddy, A. J. C.; Fiske, S. T.; Glick, P. (2008). Warmth and competence as universal dimensions of social perception: The stereotype content model and the BIAS map. Advances in Experimental Social Psychology, 40, 61–149.
- Engelhardt, G.; Witte, E. H. (1999). Soziale Repräsentation von Gruppen. In E. H. Witte (Ed.), Sozialpsychologie der Gruppenleistung. Beiträge des 12. Symposiums zur Methodologie der Sozialpsychologie. Lengerich: Pabst.
- Greif, S. (1987). Soziale Kompetenzen. In D. Frey & S. Greif (Hrsg.), Sozialpsychologie. Ein Handbuch in SchlĂĽsselbegriffen. MĂĽnchen: Psychologie-Verlags-Union.
- Mullen, B.; Copper, C. (1994). The relation between group cohesiveness and performance: An integration. Psychological Bulletin, 115, 210–227.
- Rosenstiel, L. (2006). Entwicklung von Werthaltungen und interpersonaler Kompetenz – Beiträge der Sozialpsychologie. In K. Sonntag (Hrsg.), Personalentwicklung in Organisationen. Göttingen: Hogrefe.
- Schuler, H.; Barthelme, D. (1995). Soziale Kompetenz als berufliche Anforderung. In B. Seyfried (Hrsg.), „Stolperstein“ Sozialkompetenz. Was macht es so schwierig, sie zu erfassen, zu fördern und zu beurteilen? Bielefeld: Bertelsmann
- Seelheim, Tanja; Witte, Erich H. (2007). Teamfähigkeit und Performance. Gruppendynamik und Organisationsberatung (38), 73–95.
- Seelheim, Tanja; Witte, Erich H. (2014): Die Wahrnehmung von Teamfähigkeit in Abhängigkeit von Wärme und Beitrag zur Gruppenleistung. In: Gruppendyn Organisationsberat 45 (2), S. 103–118. DOI: 10.1007/s11612-014-0238-2.
- Sonntag, K., & Schaper, N. (2006). Förderung beruflicher Handlungskompetenz. In K. Sonntag (Hrsg.), Personalentwicklung in Organisationen. Göttingen: Hogrefe.
- Witte, E. H. (2007). Toward a group facilitation technique for project teams. Group Processes and Intergroup Relations, 10, 299–309.
- Witte, E. H. (2012). Gruppen aufgabenzentriert moderieren. Theorie und Praxis. Göttingen: Hogrefe.
- Witte, E. H.; Sack, P.-M. (1999). Die Entwicklung der Gruppenmoderation PROMOD zur Lösung komplexer Probleme in Projektteams. Psychologische Beiträge, 41, 113–213.
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