Führungsprinzipien beschreiben, welche Haltung eingenommen werden sollte, um wirksam – also effektiv – zu sein. Die Prinzipien sind als Ganzheit zu sehen, die bei allen Aufgaben zu berücksichtigen sind. In der Ausführung der Aufgaben wird sichtbar, wie die Prinzipien realisiert werden (Anm.: Norm). (Pfister/Neumann 2019, S.61)
Während mit Führungsverhalten empirisch beobachtbare Beeinflussungsversuche eines Führers bezeichnet werden, die situationsabhängig variieren können, versteht man unter Führungsstil eine langfristig relativ stabiles, situationsinvariantes Verhaltensmuster des Führers. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S. 334)
📖 d. h. Norm
Eine Norm ist eine Zielvorstellung oder Richtschnur des Handelns; sie stellt eine Verhaltensanforderung an einen Rolleninhaber dar. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.277)
📖 d. h. Werte & Einstellungen
Werte bündeln unausgesprochene Erwartungen an ein bestimmtes Handeln, gekoppelt mit qualitativen Bewertungen (gut, schlecht u.a.) und deutlichen Emotionen. Werte beziehen sich auf Vergangenes und dienen in der Gegenwart als unbewusster Ratgeber für zukünftiges Verhalten. (Oestereich/Schröder 2017, S.234) Unter Werten sind Erwartungen zu verstehen, die so generalisiert, spezifiziert und abstrahiert sind, dass sie nur den „Handlungshorizont für Entscheidungsprobleme…
Michigan-Schule der Führungsstile
Seit 1947 beschäftigt sich eine Forschergruppe mit der Analyse des Führungsverhaltens speziell unter Effizienzgesichtspunkten (Produktivität, Zufriedenheit, Fluktuation, Absentismus, Kosten, Ausschuss, Motivation). Bei der Suche nach Kategorien, die mit bestimmten Effizienzmaßen korrelieren, konnte zwei Stile auf einem eindimensionalen Kontinuum von
- employee orientation (Mitarbeiterorientierung)
- production orientation (Leistungsorientierung)
identifiziert werden, dass sog. Michigan Stilkontinuum. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.344)
Mitarbeiterorientiert heißt ein Führungsverhalten, bei dem die zwischenmenschlichen Beziehungen bei der Aufgabenerfüllung besonders betont werden. Der Mitarbeiter wird als Individuum mit eigenen Bedürfnissen und Zielen ernst genommen, und seine persönliche Entwicklung wird gefördert. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.344)
Leistungsorientiert heißt ein Führungsverhalten, bei dem die technischen und Leistungsaspekte der Aufgabe besonders betont werden. Der Mitarbeiter wird lediglich als Mittel zum Erreichen der Organisationsziele gesehen. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.344)
Die Michigan-Schule geht zunächst davon aus, dass Mitarbeiter- und Leistungsorientierung der Extrempunkte in und derselben Dimension seien (Stilkontinuum). D.h. je höher die Mitarbeiterorientierung eines Führers, desto geringer die Leistungsorientierung. In späteren Arbeiter der Michigan-Schule ist jedoch eine Abkehr von dieser Position zu erkennen, d.h. Mitarbeiter- und Leistungsorientierung werden wie bei der Ohio-Schule als unabhängige Dimensionen angesehen. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.344f)
Robert Blake hat zusammen mit Jane Mouton die Dimensionen „Sachorientierung“ (Abszisse) bzw. „Menschenorientierung“ (Ordinate) genannt und in jeweils neun Ausprägungen unterteilt. Obwohl sich damit aus dem Gitter 81 Kombinationen ergeben, stellen Blake und Mouton vor allem fünf Kombinationen als typisch dar, nämlich „Glacéhandschuh-Management“, „Überlebensmanagement“, „Befehl-Gehorsam-Management“, „Organisationsmanagement“ und schließlich „Teammanagement“. Der letztgenannte Führungsstil wird als Ideal postuliert. (Achouri 2015, S.182)

Das Managerial Grid beruht in seinem Erfolg und seiner Verbreitung wohl nicht zuletzt darauf, dass es wahrscheinlich der erste Ansatz in der Führungsstilforschung war, der mit einem kompletten Führungstraining verbunden wurde, welches, wenn auch nach vielfältiger Weiterentwicklung, heute noch weltweit im Einsatz ist. Dennoch erkannte man, dass der Führungsalltag nicht mit schablonenartigen Führungsstilen bewältigt werden kann, sondern auf die jeweilige Situation abgestimmt werden muss. (Achouri 2015, S.184)
Führungskräfte sind nicht nur autoritär oder kooperativ, nur aufgaben- oder nur mitarbeiterbezogen etc. Demnach kann man nicht von einem „besten“ Führungsstil per se sprechen. Diese Überlegung führte zu den situativen Führungsstilen. Ein Beispiel hierfür ist der situative Ansatz von Paul Hersey und Ken Blanchard. (Achouri 2015, S.184)
Eine wesentliche Annahme der Michigan-Forscher war stets die humanistisch geprägte Erwartung, dass der mitarbeiterorientierte Führungsstil nicht nur zur höheren Zufriedenheit, sondern auch zu höherer Leistung führt. Empirische Befunde sprechen jedoch dagegen. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.345)
Kontinuum-Theorie
In der amerikanischen Führungsliteratur hat unter den typologischen Ansätzen die sog. Kontinuum-Theorie von Tannenbaum/Schmidt (1958, 1973) besondere Verbreitung gefunden. Tannenbaum und Schmidt gehen von dem in der Realität zu beobachtenden Führungsverhalten aus und ordnen es nach dem Ausmaß der Anwendung von Autorität und durch den Vorgesetzten und dem Ausmaß an Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter auf einem Kontinuum von extrem Vorgesetzten-zentrierten zu extrem Mitarbeiter-zentrierten Verhaltensmustern an. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.338)
📖 d. h. entscheiden
Der Duden definiert das Verb „entscheiden“ als „in Bezug auf etwas den Ausschlag geben“ oder „nach Prüfen, Vergleichen oder kurzem Besinnen in einem Entschluss seine Wahl auf jemanden, etwas festlegen“. (https://www.duden.de/rechtschreibung/entscheiden) Hier ist auch die Erklärung des Englischen Verbs „to decide“ hilfreich. Merriam-Webster schreibt „to make a final choice or judgment about“ oder „to select…
Tannenbaum/Schmidt versuchen normativ-analytisch die wichtigsten Faktoren zu bestimmen, die bei der Wahl des richtigen Führungsverhaltens zu berücksichtigen sind. Das Ergebnis sind folgende Determinanten eines situationsgerechten Führungsstils: (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.338)
- Charakteristika des Vorgesetzten
- sein Wertsystem
- sein Vertrauen in die Mitarbeiter
- seine Führungsqualitäten
- das Ausmaß an Sicherheit, das er in der bestimmten Situation empfindet
- Charakteristika der Mitarbeiter
- Ausmaß an Erfahrung in der Entscheidungsfindung
- ihre fachliche Kompetenz
- ihr Engagement an dem Problem
- ihre Ansprüche hinsichtlich beruflicher und persönlicher Entwicklung
- Charakteristika der Situation
- Art der Organisation
- Eigenschaften der Gruppe
- Art des Problems
- zeitlicher Abstand zur Handlung
Jeder unterschiedliche Konstellation der Charakteristika innerhalb 1, 2 und 3 erfordert einen unterschiedlichen Führungsstil. Es kann keinen einzig richtigen Führungsstil für alle Situationen geben. Einem erfolgreichen Manager gelingt es, die verschiedenen situativen Einflussfaktoren realistisch einzuschätzen und sich mit seinem Führungsverhalten entsprechend darauf einzustellen. Flexibilität des Führungsverhaltens ist der Schlüssel zum Erfolg. (Staehle/Conrad/Sydow 1999, S.338)
Zuletzt hat Appelo (2011; 2015) die Kontinuum-Theorie von Tannenbaum/Schmidt im Management 3.0 Ansatz als Delegation Poker einer jungen Generation zugänglich gemacht.
Ohio-Studien: Das situative Führungsmodell
Hersey/Blanchard unterscheiden vier Führungsstile, und zwar als Kombination unterschiedlicher Ausprägungen der beiden Verhaltensdimensionen Aufgaben- und Personenorientierung. (Berthel/Becker 2007, S.152)

Auch diese Autoren behaupten nicht, ein einziger von diesen vier Stilen sei der optimale, sondern sie machen die Wahl einer effektiven Führung davon abhängig, wie der von ihnen hervorgehobene Situationsfaktor Reifegrad der Mitarbeiter beschaffen ist. Sie unterscheiden vier Reifestadien (M 1 bis M 4) und ordnen ihnen die vier Führungsstile zu. Bei sehr unreifen Mitarbeitern (M 1) führt die Anwendung autoritärer Führung zu höherer Effektivität (im Sinne von institutioneller Zielerreichung, wobei die Zielinhalte beliebig bestimmt werden können). Zunehmende Reife der Mitarbeiter (M 2, M 3) macht Aufgabenorientierung immer entbehrlicher, Personenorientierung umso wichtiger, bis im höchsten Reifestadium M 4 Delegation, d. h. weitgehende Selbstständigkeit der Geführten angebracht ist. Die Glockenkurve veranschaulicht die empfohlene Verknüpfung zwischen Reifegrad und Führungsstil (normative Komponente). (Berthel/Becker 2007, S.152)
Für die Reife werden – immer in Relation zur gestellten Aufgabe gesehen! – die beiden Kategorien Funktionsreife (Faktoren des Könnens: Fähigkeiten, hohe, erreichbare Ziele zu setzen, Verantwortung zu übernehmen, Wissen und Erfahrungen einzusetzen) und psychologische Reife unterschieden, wobei letztere motivationale Qualifikationen meint: Faktoren des Wollens wie Leistungsorientierung, Selbstvertrauen, Verantwortungsbereitschaft. Die vier Reifestadien sind wie folgt gekennzeichnet: (Berthel/Becker 2007, S.153)
R 1 = geringe Reife (Motivation, Wissen und Fähigkeiten fehlen),
R 2 = geringe bis mäßige Reife (Motivation, aber fehlende Fähigkeiten),
R 3 = mäßige bis hohe Reife (Fähigkeiten, aber fehlende Motivation),
R 4 = hohe Reife (Motivation, Wissen und Fähigkeiten vorhanden).
Um stets höchste Führungseffizienz zu erreichen, müsste ein Vorgesetzter einen dem vorliegenden Reifegrad seiner Mitarbeiter jeweils entsprechenden Führungsstil praktizieren. Zudem soll er nach Hersey/Blanchard mithilfe von gezielter Belohnung und Förderung Personalentwicklung betreiben und den Reifegrad seiner Mitarbeiter kontinuierlich erhöhen: Damit soll der Vorgesetzte nicht nur passiv auf die Qualifikationen seiner Mitarbeiter reagieren, sondern sie aktiv beeinflussen. Auch dies sind normative Aussagen zum Führungsverhalten, die jedoch die Notwendigkeiten einer systematischen und konzeptionell geschlossenen Personenarbeit zu verdeutlichen vermögen. (Berthel/Becker 2007, S.153)
Die Authority Matrix von Hackman
Hackman (2002) beschreibt vier Ebenen der Autoritätsvergabe an Teams. Schauen wir uns Hackmans vier Ebenen der Teamautorität mal an, beginnend mit Teams mit der geringsten Autorität:
- Manager-geführte Teams (Manager-led teams) überlassen den Teammitgliedern nur die Autorität für die Aufgabenausführung, während die Manager die Arbeitsprozesse überwachen und steuern, den Kontext gestalten und die Richtung vorgeben. Expertengruppen in funktionalen Silos sowie herkömmliche Projektteams sind praktische Beispiele für diese Konstellation.
- Selbstmangende Teams (Self-managing teams) übernehmen nicht nur die Verantwortung für die Aufgabenausführung, sondern managen auch den Fortschritt. Innerhalb der IT gibt es viele Kanban- und Scrum-Teams, die diesen Ansatz anwenden und sich entweder auf Teamaufgaben oder auf teamübergreifende Wertströme konzentrieren.
- Selbstgestaltende Teams (Self-designing teams) geben den Mitgliedern die Autorität, das Design ihres Teams und/oder Aspekte des organisatorischen Kontexts, in dem sie arbeiten, zu verändern. Die meisten echten Management-Teams befinden sich in dieser Position, ebenso wie einige Scrum-Teams, besonders wenn Lean/Agile skaliert wird.
- Selbstverwaltende Teams (Self-governing teams) haben die Verantwortung für alle vier Kernfunktionen, wie es bei Unternehmensvorständen, Arbeitergenossenschaften oder Start-ups der Fall ist.
Weiterführendes:
Zurück zum Leitartikel Was sind Führungsaufgaben.
Quellen:
- Achouri, Cyrus (2015): Human Resources Management. Eine praxisbasierte Einführung. 2. Aufl. 2015. Wiesbaden: Gabler Verlag.
- Appelo, Jurgen (2011): Management 3.0. Leading Agile developers, developing agile leaders. Upper Saddle River, N.J: Addison-Wesley (The Addison-Wesley signature series).
- Appelo, Jurgen (2015): The 7 Levels of Delegation. Empowerment with Boundaries and Clarity. Online verfügbar unter https://medium.com/@jurgenappelo/the-7-levels-of-delegation-672ec2a48103, zuletzt aktualisiert am 25.02.2015, zuletzt geprüft am 07.01.2020.
- Berthel, Jürgen; Becker, Fred G. (2007): Personal-Management. Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit. 8. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
- Bolten, Günter (2013): Auf der Suche nach Führungsidentität. Orientierungshilfen für Führungskräfte. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Hackman, John Richard (2002): Leading teams. Setting the stage for great performances. Boston, Mass.: Harvard Business School Press.
- Pfister, Andres; Neumann, Uwe (2019): Führungstheorien. In: Eric Lippmann, Andres Pfister und Urs Jörg (Hg.): Handbuch angewandte Psychologie für Führungskräfte. Führungskompetenz und Führungswissen, Bd. 40. 5., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin, Germany: Springer, S. 39–73.
- Staehle, Wolfgang H.; Conrad, Peter; Sydow, Jörg (1999): Management. Eine verhaltenswissenschaftliche Perspektive. 8. Aufl.
Kommentar verfassen